Die Videobotschaft des CEO scheint das Kommunikationsinstrument der Stunde zu sein. Doch ist die Ansprache per Video auch für Ihr Unternehmen geeignet?
Eines vorweg: Die Möglichkeiten von Videobotschaften sind begrenzt. Ein Beispiel dafür liefert die Rede, die Prinz Charles neulich zur Eröffnung eines Londoner Krankenhauses gehalten hat.
Im Klavierzimmer seines Hauses in Schottland näselte sich der Corona-infizierte Thronfolger durch seine Rede, die per Video in die Hauptstadt übertragen wurde, wo das Publikum die Ansprache bei der Eröffnungsfeier auf einem Bildschirm verfolgte.
Trotz Krankheit brachte Prinz Charles seine Ansprache charmant und souverän rüber – bis zu dem Zeitpunkt, wo er laut Protokoll eine bronzene Gedenktafel enthüllen sollte. Vom fernen Schottland aus blieb ihm nichts anderes übrig, als die neben der Tafel stehende Pflegedienstleiterin vom Bildschirm aus zu bitten, an seiner Stelle den Vorhang von der Tafel zu ziehen und damit das Krankenhaus offiziell zu eröffnen.
Die Szene wirkte ein wenig unbeholfen – ähnlich wie viele der Videoansprachen, die derzeit im Internet flimmern, auf Linkedin, Youtube, Twitter und auf zahlreichen Unternehmenswebsites. Denn während der Corona-Krise greifen immer mehr Politiker, CEOs und andere Führungskräfte auf Videobotschaften als Kommunikationsmittel zurück – und für viele ist diese Form der Kommunikation neu und ungewohnt.
Die Neulinge laufen dabei Gefahr, dass ihre Videobotschaft noch ein wenig ungelenk oder gar improvisiert daherkommt. Sollten Sie sich diesem Risiko dennoch aussetzen?
Meine Antwort auf diese Frage lautet: Das sollten Sie auf jeden Fall. Denn die Chancen der Videobotschaft überwiegen die Gefahren bei Weitem – sofern Sie dabei die folgenden fünf Tipps beherzigen.
- Tipp: Verbinden Sie Emotionen mit Informationen
Gute Krisenvideos finden die richtige Balance zwischen Fakten und Gefühlen. Auf die Mischung kommt es an. Wer ausschließlich Informationen liefert, wird mit seiner Rede kaum in der Lage sein, Vertrauen und Zuversicht zu wecken.
Ein Beispiel dafür ist die Videoansprache von Hewlett-Packard-Chef Antonio Neri. Den Weg seines Unternehmens aus der Krise beschreibt der CEO in seinem Video mit der gleichen Leidenschaft, mit der das Navigationssystem in meinem Auto den Weg vorbei an einer Baustelle beschreiben würde.
Zu viel Emotion ist aber auch nicht gut. Denn wer seinen Gefühlen vor der Kamera freien Lauf lässt, nährt Zweifel an der eigenen Standfestigkeit. Beobachten kann man das zum Beispiel in dem Video, das Gerhard Bosselmann, der Betreiber einer Bäckerei mit 300 Mitarbeitern in Hannover, zu Beginn der Corona-Krise auf Facebook geteilt hat. Unter Tränen appellierte er an die Kunden, weiter bei ihm einzukaufen, um seine Firma vor der Pleite zu bewahren.
Das Video hat ihm zwar Hunderttausende Views eingebracht. Doch nicht wenige der Nutzer dürften sich beim Anschauen die Frage gestellt haben, ob dieser Mann wirklich einen kühlen Kopf bewahren kann, wenn es in den nächsten Wochen darum geht, seine Firma heil durch die Krise zu steuern.
Wer eine wirklich gute Videoansprache halten will, zeigt ehrliche Anteilnahme, liefert zugleich aber auch klare Strategien, wie diese Schwierigkeiten überwunden werden können. Wie das geht, zeigt die Videobotschaft, mit der sich Steve Kaufer, CEO von Tripadvisor, vor Kurzem an die über acht Millionen Partnerfirmen seines Unternehmens gewandt hat. Zu Beginn seiner Ansprache geht Kaufer detailliert und einfühlsam auf die Sorgen seiner Zuhörer ein. Danach macht er klar, welche Schritte seine Firma unternehmen wird, um die Krise zu überwinden.
- Tipp: Lassen Sie Nähe zu
Wer andere führen und sie von seinen Vorstellungen überzeugen will, muss in Reden persönliche Einblicke gewähren, damit die Zuhörer eine Vorstellung davon bekommen, wer sie da überhaupt auffordert, durchzuhalten, Zuversicht zu bewahren oder gar Opfer zu bringen.
Eindrucksvoll gemeistert hat dies Arne Sorenson, CEO des Hotelkonzerns Marriott. Der hatte sich kurz vor dem Ausbruch der Pandemie zu allem Überfluss noch einer Krebsbehandlung unterziehen müssen. Mit kahl geschorenem Kopf trat er vor die Kamera und sprach offen über seine gesundheitlichen Schwierigkeiten und über die Herausforderungen seines Unternehmens. Sorenson machte klar, dass die Zeiten für ihn und für seine Zuhörer schwierig sind. Er zeigte aber auch seinen unbedingten Willen, die Probleme zu meistern.
Natürlich ist es bei den meisten Videoansprachen nicht notwendig – und oft auch gar nicht angemessen – Details über den eigenen Gesundheitszustand preiszugeben. Doch in jedem Fall muss eine Videobotschaft in der Lage sein, Intimität zwischen Redner und Zuschauern zu erzeugen. Das kann durch Worte geschehen oder aber – wie bei Prinz Charles – durch eine Videobotschaft, die im privaten Umfeld des Redners aufgenommen wird.
Wer mehr über das spannende Verhältnis von Nähe und Distanz in der Kommunikation von Führungskräften erfahren will, dem sei der Artikel „CEOs go public” meines Redenschreiberkollegen Peter Sprong ans Herz gelegt.
- Tipp: Folgen Sie einem vorformulierten Text
Wenn ich mich mit CEOs und anderen Führungskräften über meine Arbeit unterhalte, höre ich regelmäßig folgenden Satz: „Ich brauche keinen Redenschreiber. Ich spreche immer frei.” Und tatsächlich bin ich manchmal beeindruckt, wie leicht es manchen Menschen fällt, auf Knopfdruck akzeptable – manchmal sogar gute – Reden zu halten.
Doch bei Videobotschaften sollten Sie sich auf dieses Talent lieber nicht verlassen. Denn eine gute Stegreifrede basiert zu einem großen Teil darauf, dass die Chemie zwischen Redner und Publikum stimmt. Geübte Redner können die Stimmungen unter den Zuhörern erspüren und spontan darauf reagieren. All das ist bei einer Rede per Video nicht möglich.
Darüber hinaus können die Zuhörer – anders als bei einer live gehaltenen Rede – eine Videobotschaft jederzeit anhalten, zurückspulen oder einzelne Passagen mehrfach anschauen. Jeder noch so kleine Widerspruch, jeder Versprecher, jede Ungenauigkeit tritt in einer Videobotschaft genau zutage. Wer diese Gefahr vermeiden will, sollte sich bei seiner Ansprache auf ein präzise formuliertes Manuskript verlassen.
- Tipp: Kommunizieren Sie regelmäßig
Wer nicht gerne vor der Kamera spricht, mag den Moment herbeisehnen, wo das Video zur Corona-Krise im Kasten ist und man sich endlich anderen Aufgaben zuwenden kann. Doch in schwierigen Zeiten ist es mit einer Videobotschaft in der Regel nicht getan. Vielmehr sollten Sie regelmäßige Updates geben.
Ähnlich wie ein Pilot, der sich bei schweren Turbulenzen während des Flugs regelmäßig aus dem Cockpit bei seinen Passagieren meldet, sollen auch CEOs im Verlauf einer Krise immer wieder den Kontakt zu ihren Mitarbeitern, Kunden oder Investoren suchen.
- Tipp: Improvisieren Sie ruhig ein wenig
Die Videobotschaften der CEOs von DAX- und anderen Großkonzernen werden in aller Regel von professionellen Videoproduzenten gedreht. Hintergrund, Licht und Kameraperspektive: Nichts wird dem Zufall überlassen. Bedeutet dies, dass Sie nur dann eine Videobotschaft veröffentlichen sollten, wenn Ihnen dabei ein Team von Profis zur Seite steht?
Nicht unbedingt. Ganz sicher kann eine professionelle Produktion nicht schaden. Aber außergewöhnliche Zeiten erfordern mitunter außergewöhnliche Maßnahmen. Das hat sich wohl auch Neil Gordon gedacht, der CEO des Discovery Museums in Acton, Massachusetts.
In seiner Videoansprache wurde mit einem Handy ohne Stativ gefilmt, doch die Atmosphäre in dem menschenleeren Museum zusammen mit der emphatischen Art des Redners machen das Video sehenswert und zeigen, dass wirksame Videobotschaften notfalls auch ohne eine erfahrene Filmcrew aufgenommen werden können.
Wichtig: Die Zuschauer verzeihen bei Videos in der Regel Schwächen bei der Bildqualität oder der Belichtung. Schlechter Klang oder nervige Hintergrundgeräusche führen aber dazu, dass viele Nutzer ein Video nicht bis zum Ende anschauen.
Fazit: Es ist auf jeden Fall eine gute Idee, während der Corona-Krise auf Videobotschaften als Kommunikationsinstrument zurückzugreifen – selbst wenn dies an der einen oder anderen Stelle noch ein wenig provisorisch erscheint. Denn improvisiert werden muss derzeit schließlich überall. Das Krankenhaus in London mit über 4000 Intensivbetten, das Prinz Charles per Video eingeweiht hat, war zwei Wochen zuvor noch ein Kongresszentrum.
Wer sich schnell an die neue Situation anpassen kann, hat beste Chancen, die Krise erfolgreich zu meistern. Das gilt auch für die Kommunikation per Videobotschaft.
Benötigen Sie Hilfe beim Formulieren oder Produzieren von Videobotschaften? Als erfahrener Redenschreiber habe ich die passende Lösung für Sie. Schreiben Sie mir eine E-Mail (info@mueller-krey.de) oder rufen Sie mich an (030 95616441).